Süßwasserpolyp Hydra

Kurzbeschreibung

In diesem Beitrag wird die zentrale Unterrichtsstunde in der Unterrichtseinheit Organisationsformen einfacher Vielzeller beschrieben. Laut Lehrplan soll eine Hohltierart besprochen werden. Hier eignet sich in besonderer Weise der einheimische Süßwasserpolyp Hydra, der sich in einem Süßwasseraquarium halten lässt. Als Lebendfutter eignen sich beispielsweise Salzkrebschen, die man in einem seperatem Aquarium züchtet. Bezugsquellen für Hydra sind u.a. Universitäten, die an ihnen die Regeneration von Zellen erforschen (z. B. die Universität Regensburg).

Formalia

Klassenstufe:
In der 9. Klasse ist im Lehrplan unter "Organisationsformen einfacher Vielzeller" eine Hohltierart zu besprechen.

Unterrichtsfach:
Biologie

Regulärer Unterricht, Projekt, AG, Sonstiges:
Die Anzucht und Kultur von Hydra könnte in einer Arbeitsgemeinschaft, z.B. einer Aquariengruppe erfolgen. Hier können auch sehr viele schöne Experimente durchgeführt werden: Funktion der Nesselkapseln, Füttern mit Salzkrebschen, Regenerationsversuche an Tentakeln, Sinnesleistungen von Hydra, Fortpflanzung usw.

Aber dieses Thema kann auch im regulären Unterricht abgehandelt werden: Das Rahmenthema lautet hier Organisationsstufen und Leistungen von Lebewesen.

A. Vom Einzeller zum Vielzeller

  • Das Pantoffeltierchen - ein tierischer Einzeller

  • Euglena - Tier oder Pflanze?

  • Zellkolonien - Übergangsfomen zwischen Einzeller und Vielzeller

  • Die Kugelalge Volvox

  • B. Die Embryonalentwicklung der Tiere
    C. Organisationsformen einfacher Vielzeller
  • Schwämme - einfach aber erfolgreich!

  • Ausgewählte Stunde: Der Süßwasserpolyp Hydra - ein Vertreter der Hohltiere


  • In der vorhergehenden Stunde sollten die Schwämme besprochen werden. In der Rechenschaftsablage werden die Merkmale der Schwämme wiederholt und der einfache Bau dieser Tiere herausgestellt. Der Süßwasserpolyp Hydra erhebt sich in seinem Körperbau eindeutig über das Organisationsniveau der Schwämme. In der dargestellten Stunde wird der Körperbau des Süßwasserpolypen erarbeitet und zu den Leistungen des Tieres in Beziehung gesetzt.
    In der nachfolgenden Stunde könnte die Funktion der Nesselkapseln vertieft werden. Weiterhin kann auf die interessante Fortpflanzung und Fortbewegung von Hydra eingegangen werden. Abschließend sollten weitere Vertreter der Hohltiere vorgestellt werden.

    Projektdauer:
    Zum Süßwasserpolypen Hydra sind hier zwei Unterrichtsstunden vorgesehen.

    Fachwissenschaftlicher Hintergrund

    Die Embryonalentwicklung der Tiere wurde sollte vor der dargestellten Stunde besprochen werden. Hierbei sind insbesondere die Begriffe GASTRULA, EKTODERM, ENTODERM, URDARM und URMUND zu erarbeiten. Dies ist insofern bedeutsam, da der Süßwasserpolyp mit seinem zweischichtigen Aufbau dem Organisationsniveau eines "Gastrula-Tieres" entspricht.
    Anhand der Grünalgen Chlamydomonas, Gonium, Eudorina und Volvox könnte der mögliche Übergang von Einzellern zu Vielzellern besprochen werden. Hier ist insbesondere auf die Arbeitsteilung zwischen den Zellen und die Möglichkeit des Stoff- und Informationsaustausches zwischen den beteiligten Zellen hinzuweisen.
    Den Prozess der Phagozytose haben die Schüler im Zusammenhang mit der Nahrungsaufnahme des Pantoffeltierchens kennengelernt. Das Umschlingen fester Partikel und der Transport als Nahrungsvakuole in das Zytoplasma sind im Verlauf der ausgewählten Stunde für die intrazelluläre Verdauung durch die Nährmuskelzellen relevant.
    Im Fach Latein könnte Herkules und seine "12 Arbeiten" besprochen werden. Die Schüler werden also über das Bildnis auf dem griechischen Salbgefäß - ggf. nach Hilfestellung durch den Lehrer - zum Begriff Hydra geführt werden können.

    Unterrichtliche Umsetzung

    Lehrplanbezug:
    KWMBl I So.-Nr. 6/1991, S. 1141
    Der Lehrplan sieht im Abschnitt Organisationsformen einfacher Vielzeller vor, exemplarisch eine Algenart und eine Hohltierart zu behandeln. Die Beschäftigung mit den Besonderheiten in Bau und Lebensweise soll den Schülern die Vielfalt des Lebens und die Entwicklungszusammenhänge in Anpassung an die Umwelt verdeutlichen.

    Didaktische Auswahl:
    Am Beispiel des Süßwasserpolypen Hydra wird exemplarisch ein Vertreter des Stammes der Hohltiere behandelt. Der Süßwasserpolyp ist zwar insofern untypisch, da die meisten Vertreter dieses Stammes im Meer zu finden sind und über Polypen- und Medusengeneration verfügen. Allerdings ist Hydra in unseren heimischen Gewässern weit verbreitet und dient seit jüngster Zeit auch der Forschung als Versuchstier.
    Entscheidend für den unterrichtlichen Einsatz ist aber, dass sich am Süßwasserpolypen der grundsätzliche Aufbau eines Hohltieres gut ableiten lässt.
    Die direkte Beobachtung des Süßwasserpolypen zu Beginn der dargestellten Stunde weckt bei den Schülern die Achtung vor dem Lebendigen und trägt zur Ehrfurcht vor der Schöpfung bei. Darüberhinaus bekommen die Schüler eine Vorstellung von der tatsächlichen Größe des Tieres.
    Die fachgemäße Arbeitsweise des Beobachtens wird hier im Idealfall am besten Medium, dem lebenden Organismus selbst, geschult. Da der Aufbau des Tieres allein durch Beobachten nicht erarbeitet werden kann, sollte - falls vorhanden - ein Strukturmodell von Hydra zum Einsatz kommen. An ihm sind der Aufbau der Körperwand aus zwei Zellschichten, das Vorhandensein eines großen Körperhohlraumes, der bis in die Tentakeln zieht, und die Lage der Mundöffnung gut zu zeigen. Die anschließende zeichnerische Darstellung dient der Vertiefung und Festigung des Erlernten.
    Die Leistungen des Tieres werden durch Experimente veranschaulicht. Im Hinblick auf die zur Verfügung stehende Unterrichtszeit sollten die Experimente mit einem Projektionsmikroskop durchgeführt werden. Auf diese Art und Weise können die Schüler über die Leistungen von Hydra auf die dazu notwendigen Zelltypen schließen. Das mikroskopische Bild an der Wand erlaubt gemeinsames, gleichzeitiges Beobachten und Experimentieren, wobei der Lehrer sicherstellen kann, dass alle das Wesentliche erfassen können.
    Der zelluläre Aufbau des Süßwasserpolypen wird von den Schülern in Partnerarbeit diskutiert, wobei erst jeder Schüler still den zugehörigen Informationstext auf dem Arbeitsblatt liest.
    Der Einsatz eines Arbeitsblattes bietet an dieser Stelle mehrere Vorteile: Er ermöglicht zum einen Methodenwechsel, zum anderen lässt sich so der Aufbau der Körperwand in relativ kurzer Zeit fixieren, wodurch die Durchführung der Experimente erst ermöglicht wird.
    Während die Schüler den Text lesen, wird vom Lehrer die auf dem Arbeitsblatt befindliche Skizze zum Aufbau der Körperwand an die Tafel gezeichnet. Beide Schemazeichnungen sind noch unvollständig und werden erst im weiteren Unterrichtsverlauf fertigstellt, um den Schülern Raum zur Selbsttätigkeit zu lassen. Die Funktionsweise der Nesselkapseln wird erst in der auf die erste Sunde folgenden Unterrichtsstunde behandelt. Allerdings können die Schüler durch das als Hausaufgabe zu bastelnde Daumenkino bereits zu Hause selbständig versuchen, sich die Explosion einer Nesselkapselzelle zu veranschaulichen.
    Die didaktische Reduktion kommt hier bei verschiedenen Punkten zum Tragen:
  • Die Ausläufer der Nähr- bzw. Hautmuskelzellen sind in Wirklichkeit wesentlich schmäler und länger ausgezogen, als dies in der Skizze zum zellulären Aufbau der Körperwand ersichtlich ist. Diese Schemazeichnung ist insgesamt stark schematisiert, um das Wesentliche hervorzuheben.

  • Die Süßwasserpolypen gehören zum Stamm der Nesseltiere. Die Gruppe der Hohltiere beinhaltet zusätzlich den Stamm der - nur 80 Arten umfassenden - Rippenquallen. Da im Lehrplan die Behandlung einer Hohltierart vorgesehen ist und es der Begriff Hohltier ermöglicht, einen direkten Zusammenhang mit dem Körperbau herzustellen, wird ihm hier der Vorzug gegeben.


  • Überlegungen zur Sozialform:
    Durch die Beobachtung lebender Süßwasserpolypen in Einzel-, Partner- oder Gruppenarbeit erwerben sich die Schüler ihr Wissen über die Reaktionsmöglichkeiten von Hydra selbsttätig.
    Im fragend-entwickelnden Unterricht werden die Schüler dann vom Lehrer darin unterstützt, daraus die richtigen Schlüsse im Hinblick auf das zelluläre Organisationsniveau von Hydra zu ziehen.

    Unterrichtsplanung:
    (1) Rechenschaftsablage
    Thema: Schwämme
    (2) Einstiegsmotivation
    Zu Beginn der Stunde wird auf die griechische Mythologie Bezug genommen: Hierzu wird als Impuls eine Farbfolie mit einer Darstellung des Herkules im Kampf mit der Hydra an die Wand projiziert. Dieses Bild ist eine Detaildarstellung aus der umfangreichen Bemalung eines Salbgefäßes, das in der ersten Hälfte des fünften Jahrhunderts vor Christi Geburt gefertigt wurde. Falls die Klasse im Lateinunterricht die "12 Arbeiten" des Herkules besprochen hat, sollten die Schüler - ggf. nach Hilfestellung - erschließen können, dass es sich bei der Abbildung um die zweite Aufgabe handelt: Die (Lernäische) Hydra.
    Durch diese Form des Unterrichtseinstieges wird gleichzeitig die fächerübergreifende Bildungs- und Erziehungsaufgabe "Musische Bildung" in die Stunde eingebracht.

    Unterrichtsergebnisse

    Lernziele:
    Übergeordnete Lernziele des Biologieunterrichts:
    Die Schüler lernen, ausgehend von einem Beispiel aus der engeren Heimat, ein Tier in seinem Lebensraum kennen und erfahren dabei die Schönheit und Vielfalt der Natur. Die Einsicht in die Einmaligkeit des stammesgeschichtlich Gewordenen soll die Achtung vor dem Lebendigen wecken und zur Ehrfurcht vor der Schöpfung beitragen.
    Die unmittelbare Begegnung mit dem lebenden Objekt erfordert Fähigkeiten, die typisch für das Erarbeiten naturwissenschaftlicher Sachverhalte sind: genaues und zielgerichtetes Beobachten, klares Beschreiben, zeichnerisches Darstellen, vergleichendes Einordnen und sachgerechtes Interpretieren. Hierbei wird ein Beitrag zum Erfassen allgemeinbiologischer Zusammenhänge, wie z.B. der unterschiedlichen Organisationshöhe von Lebewesen, geleistet.

    Grobziele:
    Die Schüler sollen am Beispiel des Süßwasserpolypen Hydra einen Einblick in die Organisationsform von einfachen Vielzellern - wie den Hohltieren - erhalten. Hierbei ist die Kenntnis des Bauplans von Hydra die Voraussetzung, um die Arbeitsteilung auf zellulärem Niveau zu verstehen. Die Schüler sollen erkennen, dass das Tier - trotz des einfachen, gastrulaähnlichen Körperbaus - zu erstaunlichen Leistungen fähig ist.

    Feinziele:
    Achtung vor der Natur und Ehrfurcht vor der Schöpfung
    Fähigkeit ein Tier zu beobachten und dessen Körperbau zu beschreiben
    Kenntnis des Körperbaus von Hydra
    Kenntnis der Reaktion bei mechanischer Reizung
    Einblick in das Beutefangverhalten von Hydra
    Fähigkeit zur Auswertung eines Informationstextes
    Kenntnis der unterschiedlichen Zelltypen in der Körperwand des Süßwasserpolypen

    Hydra:
    Kenntnis der Aufgaben der unterschiedlichen Zelltypen in der Körperwand von Hydra

    Motivationaler Aspekt des Lernerwerbs:
    Der Süßwasserpolyp Hydra, der etwa 2-3 cm groß wird, ist ein überaus faszinierendes Tierchen. Ohne Gehirn und ohne Sinnesorgane meistert er mit einer Minimalausstattung die anfallenden Lebensaufgaben. Auch sein überaus großes Regenerationsvermögen ist faszinierend. Den Höhepunkt der Stunde stellt natürlich die Fütterung von Hydra mit lebenden Salzkrebschen dar. Ein solches Erlebnis wird ein aufgeschlossener Schüler nicht mehr vergessen.

    Selbstständigkeit des Lernerwerbs:
    Falls lebende Hydren eingesetzt werden, können die Schüler diese in Einzel-, Partner- oder Gruppenarbeit untersuchen.

    Materialien

    Darstellung des Unterrichtsverlaufs
    Einstieg in das Thema über Herkules
    Vorschlag zur Abfrage
    Arbeitsblatt
    Tafelbild
    Stillarbeit
    Schlußzusammenfassung
    Daumenkino Nesselkapsel

    Medien

    Es gibt viel Literatur zurAquaristik. Süßwasserpolypen erhält man in Zoogeschäften (sie nisten sich dort als Parasiten manchmal in die Durchflussbecken ein) oder in Universitäten. In der Universtität Regensburg züchtet man sie bespielsweise, um die Regeneration von Zellen zu erforschen.

    Links

    www.hydro-kosmos.de
    http://www.william-hogarth.de/hydraweb.html

    Autor:
    C. Herdt