Osmoregulation
Der menschliche Körper besteht zu 62%, ein Frosch zu 77 %, eine Schleie zu 80
% und eine Qualle zu 98 % aus Wasser. Bezüglich des Wassergehalts
unterscheiden sich die einzelnen Organe noch voneinander. Beispielsweise
enthalten Säugermuskeln 76 %, Blut 79 % und Knochen 22 % Wasser.
Eine Störung des Wasserhaushalts führt, je nach Stärke, zumindest zu
schweren Schäden, wenn nicht zum Tod. Schäden treten beim Menschen bei
einem Wasserverlust von 10 % auf, erhöht sich der Verlust auf 15 -
20 %, tritt der Tod ein. Dagegen vertragen die Eidechse Anolis einen
Wasserverlust von 46 % und die Puppe des Ligusterschwärmers sogar 80 %,
ohne zu sterben.
Ein
Teil des Wassers im Körper ist als sogenanntes Hydratationswasser an
Eiweiß gebunden und ist nicht ohne weiteres zu entfernen. Ein anderer
Teil stellt freies Wasser dar, in dem Salze Zucker und Eiweiß gelöst
sind. Der freie Anteil, der sich in den Zellen befindet, heißt
intrazelluläres Wasser und der zugehörige Raum intrazellulärer Raum.
Das Wasser außerhalb der Zellen und der entsprechende Raum werden als
extrazellulär bezeichnet. Ein Teil davon gehört den Spalträumen
zwischen den Zellen (interstitielles Wasser und interstitieller Raum)
und ein anderer Teil dem Blutplasma an. Der sogenannte intravasale Raum
umfasst das Blutplasma und die darin enthaltenen Zellen. Zum Beispiel
enthält das Blutplasma eines 70 kg schweren Menschen etwa 3,2 l Wasser (4,5 % seines Körpergewichts), der intrazelluläre
Raum beinhaltet 28 l (40 %
des Körpergewichts) und der interstitielle Raum 11 l Wasser (16 %).
Dazu kommen noch 1,3 l an Flüssigkeit in den Körperhöhlen (Auge,
Gehirn und Rückenmark).
Alle
drei Flüssigkeitsräume sind nur durch die dünnen Membranen der Zell-
und Kapillarwände voneinander getrennt. Daher findet ein reger Austausch
von Salzen, Wasser und z.T. sogar von Eiweiß zwischen ihnen statt.
Verliert ein Raum Wasser oder Flüssigkeit, wie es beim Dursten oder einem
größeren Blutverlust möglich ist, so wirken die anderen Abteilungen
ausgleichend.
Die
Moleküle und Ionen, die in den verschiedenen Körpersäften gelöst sind,
erzeugen einen osmotischen Druck (ein Maß für die Tendenz einer Lösung,
Wasser aufzunehmen, wenn sie durch eine selektiv permeable Membran von
reinem Wasser getrennt ist). Er ist um so höher, je größer die
Konzentration der Stoffe ist. Der osmotische Gesamtdruck ist so groß wie
der Druck, den alle Teilchen zusammen erzeugen, z.B. Natrium-, Kalium-,
Chlor- und Sulfat-Ionen sowie Eiweiß- und
Zuckermoleküle. Im Blut ist das Kochsalz die Hauptursache für den
osmotischen Druck, bei Insekten spielen auch Aminosäuren und bei Haien
und Rochen (Selachier) der Harnstoff des Blutes
eine große Rolle.
Bei
einem Paramecium z.B., das in einem Wassertropfen umherschwimmt, befinden
sich alle gerade genannten Bestandteile im Cytoplasma, der Wassertropfen
weist deutlich weniger davon auf. Dadurch unterscheidet sich der Ciliat
osmotisch vom umgebenden Wasser. Es ist so, als ob zwei Flüssigkeiten,
getrennt durch eine dünne Membran, miteinander in Kontakt wären. Die
Wassermoleküle können in beiden Richtungen die semipermeable Membran des
Parameciums passieren, die großen Teilchen jedoch nicht. Von der verdünnteren
Seite kommen aus einfachen statistischen Gründen mehr Wassermoleküle mit
der Membran in Berührung als von der anderen Seite, da dort die
Wasserkonzentration geringer ist. Infolgedessen ergibt sich ein
Netto-Wasserstrom von der kleineren zur größeren Salzkonzentration.
Der Raum mit dem höheren osmotischen Druck zieht Wasser aus dem Raum mit
dem geringeren osmotischen Druck und vergrößert dadurch sein Volumen.
Ist die Trennwand nicht dehnbar, so kann sie schließlich platzen, weil
der Einstrom zur konzentrierten Seite dort den Wasserdruck (hydrostatischen Druck) stark
ansteigen lässt. So ähnlich ist es auch bei Paramecium oder einer Flussmuschel, nur können beide das eindringende
Wasser aktiv wieder hinausschaffen.
Es
gibt künstliche und biologische Membranen von verschiedener Porenweite;
solche, die nur Wasser, oder solche, durch die nur Wasser und bestimmte
Salze hindurch lassen, oder solche, die auch für Zucker und kleine Eiweißmoleküle
passierbar sind. Allen ist gemeinsam, dass sie nur teilweise durchlässig
- d.h. selektiv permeabel oder semipermeabel - sind. Jede tierische Zelle ist von einer solchen Membran
umgeben. Gibt man ein paar Blutstropfen in ein Glas Leitungswasser,
entsteht eine osmotische Hämolyse: Die Erythrozyten nehmen Wasser auf,
vergrößern sich, platzen schließlich und das Hämoglobin tritt aus. Es
entsteht eine durchsichtige, rote Hb-Lösung; das umgebende Medium ist in
diesem Fall hypotonisch. Bringt man die Blutstropfen dagegen in Wasser mit
etwas Salzzusatz, entsteht keine Hämolyse. Die Flüssigkeit ist zwar rot,
bleibt aber trübe, das Medium ist hier isotonisch. Ist zu viel Salz in
der Lösung (hypertonisches Medium), schrumpfen die Erythrozyten
sogar, weil jetzt die Umgebung durch ihre höhere Konzentration an gelösten
Teilchen Wasser aus den Zellen herauszieht. Will man Blutkörperchen oder
andere Gewebe über längere Zeit am Leben erhalten, sollte man sie in Flüssigkeiten
aufheben, die auf alle Fälle dem gewohnten Milieu entsprechen, also
isotonisch sind. Eine physiologische Kochsalzlösung muss für den Säuger
0,9%ig, für den Frosch 0,65%ig sein.
Manche
Tiere können ihren Wasser- und Mineralhaushalt auch noch unter außerordentlichen
und wechselnden osmotischen Belastungen regulieren. Beispielsweise zieht
der Flussaal zum Laichen in den Ozean (Sargasso-Meer) und der Lachs steigt
aus dem Meer in die Flüsse. Die Wollhandkrabbe (aus China auch nach
Deutschland, z.B. in die Elbmündung eingeschleppt) und verschiedene
Einzeller benutzen ebenfalls Salz- und Süßwasser als Wohnmilieu. Der
Salzkrebs, Artemia salina, verträgt Salzkonzentrationen der Umgebung, die
zwischen einer 0,25 %igen Kochsalzlösung und einer stark eingedickten
Salzbrühe liegen. Während die hier genannten Tiere eine sehr effektive
Osmo- und Volumenregulation besitzen, haben viele andere nur sehr geringe
Fähigkeiten auf diesem Gebiet. Die meisten Meeresbewohner lassen sich
nicht ohne weiteres an Süßwasser gewöhnen und die meisten Süßwasserlebewesen
nicht an den Ozean.
Im
Versuch sollen die osmotischen Werte des Wassers als umgebendes Medium und
des Blutes verschiedener Meeres- und Brackwasserbewohner bestimmt und
verglichen werden, um einerseits den Lebensraum der Tiere besser
kennenzulernen und andererseits ihre Fähigkeit zur Osmo- und
Volumenregulation zu untersuchen und zu bewerten.
Volumenveränderung
in Abhängigkeit vom Salzgehalt des umgebenden Wassers in Form von
Wasseraufnahme oder -abgabe kann durch Wiegen der etwas abgetrockneten
Tiere bestimmt werden.
Osmotische
Eigenschaften von Meerwasser und von Körperflüssigkeiten sind hauptsächlich
eine Folge der gelösten anorganischen Salze. Die größte Bedeutung haben
dabei die Chloride. Die Ionenzusammensetzung im Blut der Wirbellosen,
insbesondere die der Kationen, weicht nicht allzusehr von der
Zusammensetzung des Meerwassers ab. Da man die Zusammensetzung des
Meerwassers kennt, kann man über eine Chloridbestimmung den Salzgehalt (in g/l oder ‰ Salinität) sowohl des Meerwassers
als auch des Blutes bestimmen. Der Chloridgehalt bzw. die Salinität des
Blutes Wirbelloser ist ein gutes Maß für dessen osmotischen Wert.
Hauptbestandteile des Meerwassers in g/l bei einem
Gesamtgehalt von 35 g/l Wasser (entspr. 35 ‰
Salinität).
Natrium
Magnesium Calcium
Kalium
Chlorid Sulfat
10,77
1,3
0,409
0,388 19,37
2,71
Der
Chloridgehalt lässt sich z.B. durch Titration nach Mohr mit n/50 AgNO3-Lösung bestimmen. Als Indikator wird 5 %ige K2CrO4-Lösung verwendet.
Das
Untersuchungsverfahren beruht darauf, dass Silbernitrat in einer
neutralen, mit Kaliumchromat versetzten Alkalichloridlösung (hier
Meerwasser oder Hämolymphe bzw. Blut) rotes Silberchromat bildet:
K2CrO4 +
2 AgNO3
→ Ag2CrO4
+ 2 KNO3
Das
rote Silberchromat verschwindet beim Umrühren gleich wieder unter
Abscheidung von Silberchlorid, solange noch Chloridionen vorhanden sind,
d.h. die rote Farbe verschwindet wieder und die Lösung bleibt gelb:
Ag2CrO4
+ 2
NaCl →
2 AgCl
+ Na2CrO4
kurz:
Ag+
+
Cl- →
AgCl
Am
Umschlagpunkt, wenn die Rotbraunfärbung nicht mehr verschwindet,
entspricht die Menge an verbrauchtem Silbernitrat der vorhandenen Menge an
Chloriden.
Versuchsaufbau:
Befestigen
Sie die Titrierbürette mit ein oder zwei Bürettenklammern am Stativ. Füllen
Sie die Bürette mit 1/50 n - AgNO3-Lösung und notieren Sie
den Stand.
Bereiten
Sie ein Titriergefäß (Erlenmeyerkolben) mit ca. 50 ml Aqua dest vor.
Durchführung:
a)
Entnahme von Krebsblut:
Halten Sie den Krebs bauchoben und punktieren Sie die Coxen
(die obersten Beinglieder) durch ihre Gelenkhäute (andere Möglichkeit:
proximales Abdominalsternit).
b)
Entnahme von Muschelblut:
Klemmen Sie der Muschel mit einem Holzkeil die Schalen ca. 1,5 cm
weit auseinander. Lassen Sie das Wasser abtropfen und
entfernen Sie den Rest durch Ausschleudern. Nun führen Sie ein scharfes
Skalpell ein und führen am Innenrand einer Schale einen Schnitt durch
einen Mantellappen. Setzen Sie die Muschel sofort mit dem spitzen Ende auf
ein Uhrglasschälchen und lassen Sie ausbluten. Abmessen des Volumens mit
Pipette oder Spritze.
Sie
brauchen ca. 0,5 ml Blut (es reicht auch 0,4 ml) für eine Titration.
Wichtig ist, dass Sie das Volumen genau abmessen und notieren.
Geben Sie die abgemessene Blutmenge sofort in das vorbereitete Titriergefäß
(50 ml AD), um die sehr schnell einsetzende Gerinnung zu verhindern,
und spülen Sie die Spritze zweimal mit der Vorlage durch. Beschriften Sie
das Gefäß!
Von
jeder Probe sollten Sie Doppelbestimmungen machen, so dass dieser Vorgang
auch doppelt auszuführen ist. (Sie können das Blutvolumen teilen, aber
bitte jedesmal genau abmessen)
Geben
Sie als Indikator nicht mehr als 3 Tropfen 5%ige Kaliumchromatlösung in
den Titrierkolben
(Die
Titration sollte im neutralen Bereich erfolgen, im sauren Bereich würde
Chromat in Dichromat verwandelt, das mit Ag+ keinen Niederschlag bildet -
gegebenenfalls mit NaHCO3 abstumpfen.)
Man
titriert langsam unter Umschwenken des Titrierkolbens. Gegen Ende der
Titration, also in der Nähe des Äquivalenzpunktes, wird die AgNO3-Lösung tropfenweise zugegeben. Dabei tritt jedesmal an der
Eintropfstelle eine Rotbraunfärbung auf, die beim Schwenken des
Titrierkolbens wieder verschwindet. Erst danach wird der nächste Tropfen
zugegeben. Der Äquivalenzpunkt ist erreicht, wenn die Rotbraunfärbung
nicht mehr verschwindet. Sobald dieser Punkt erreicht ist, wird die
verbrauchte Menge AgNO3 - Lösung abgelesen.
Berechnung
des Chloridgehalts:
g
Chlorid
=
35,5 ×
1/50 ×
ml verbrauchte AgNO3-Lösung
Berechnung
der Salinität:
‰
Salinität
=
g Chlorid / l Blut
×
35 g
Salze/ l
19,37 g Cl- / l
=
g Chlorid / l Blut
×
1,81
=
1,285
×
ml verbr. AgNO3-Lsg
ml unters. Wasser
Ein schnelleres, aber ungenaueres Verfahren zur Bestimmung des
Salzgehalts von Meerwasser bedient sich der Leitfähigkeitsmessung des
Wassers.
Die Leitfähigkeit wässriger Lösungen wird durch die Art der gelösten
Salze, deren Konzentration und die Temperatur bestimmt. Da die
Zusammensetzung des Meersalzes überraschend konstant ist, kann bei
gegebener Temperatur (hier 20oC) der Salzgehalt in Promille in
der beiliegenden Tabelle (berechnet aus den International Oceanographic
Tables) aus der Leitfähigkeit, gemessen in mS/cm (Milli-Siemens pro
cm), abgelesen werden. Diese Methode ist allerdings nicht genau (+ 0,7 ‰).