Fragenkatalog Cnidaria

1. Wie funktioniert bei den Cnidaria das Einfangen von Beutetieren durch Nesselzellen?
In unmittelbarer Nähe einer jeden Nematocyte (= Cnidocyte, Nesselzelle) ist ein sensorischer Apparat, ein sogenanntes Cnidocil aufgestellt; das ist eine von Mikrovilli ringförmig umstelle Cilie. Wird dieser Mechanorezeptor eben mechanisch durch das Beutetier gereizt, so "explodiert" die Kapsel. Der Schlauch (Hohlfaden) wird blitzschnell, indem er sich handschuhfingerartig umstülpt, ausgeschleudert. Die vorschnellenden und sich spreizenden Stilette (Widerhaken) reißen ein Loch in die Cuticula des Beutetiers durch das dann der Rest des Schlauches eindringt und sein Gift entleert (bei Stenotelen). Bei Hydra ist für diese Explosion noch zusätzlich eine Stimulation ihrer Chemorezeptoren durch im Wasser befindliche Stoffe des Beutetieres notwendig.
Andere Typen vn Nematocyten, Wickelkapseln (= Volventen = Desmonemen), können nach ihrer Explosion durch ausgeschleuderte Fäden Beutetiere an deren Haaren und Borsten festhalten, bis sie der Wirkung der Stenotelen erlegen sind.

2. Die Medusen der Hydrozoa und Scyphozoa (Semaeostomae) entstehen auf ganz verschiedene Art. Worin liegen die Hauptunterschiede?
Allgemein entstehen die Medusen auf ungeschlechtlichem Weg durch Querteilung der Polypen.
Die Medusen der Hydrozoa, die sog. Hydromedusen, entstehen stets ungeschlechtlich durch laterale Knospung an einem Polypenstöckchen; Meduse wie Polyp sind relativ klein.
Die Scyphomedusen, also die Medusen der Scyphozoa, werden von den Scyphopolypen durch terminale (endständige) Knospung gebildet. Dies kann auf zwei Wegen passieren: entweder wird die Mundscheibe des Polypen nach Reduktion der Tentakel durch eine ringförmige Furche als junge Meduse abgeschnürt, oder es entsteht durch übereinanderliegende, ringförmige Einschnürung gleich ein ganzer Satz von freibeweglichen Jungmedusen, dieser letzte Vorgang heißt Strobilation, die entstehenden Medusen nennt man Ephyren.

3. Was sind Rhopalien? Geben Sie an, bei welcher Cnidarier-Gruppe sie vorkommen und beschreiben Sie kurz ihren Bau anhand eines Beispieles (keine Zeichnung!).
Rhopalien sind die Sinnesorgane oder Sinneskörper der Scyphozoa. Ein Rhopalium liegt zwischen den Randlappen (Stammlappen) der Ephyra, z.B. von Aurelia aurita. Dieser Sinnesorgan-Komplex enthält stets eine Statocyste, ein Flach- und ein Becherauge sowie eine chemorezeptorische Sinnesgrube. Die kolbige Endanschwellung des Rhopaliums enthält mit vielen prismatischen Kristallen den Statholithen. Zwei Grübchen, an der Basis und an der Deckplatte des Rhopaliums, sind die Riechgruben. Ein flacher Ocellus liegt an der Außenseite, das Becherauge (entodermale Pigmentzellen sind von ektodermalen Sehzellen umhüllt) liegt im Inneren des Randkörpers. Zusätzlich sind an der Unterseite des Randkörpers zahlreiche Tastsinneszellen (starre Cilien an sensiblen Neuronen) vorhanden.

4. Bei der Seerose Diadumene sind sogenannte Mesenterien (= Septen) vorhanden. Um was handelt es sich dabei und welche Organe kommen an ihnen vor?
Septen sind entodermale Scheidewände deren Innenränder am Schlundrohr ansetzen und so die Gastrovaskularhöhle in einen Zentralraum und in Radialkammern gliedern. Die Septenränder tragen Septalfilamente, die mit Resorptions- und Drüsenzellen sowie Nematocyten gespickt sind. Auf der einen Seite der Septen befindet sich Transversalmuskulatur, auf der anderen Längsmuskulatur in Form von Muskelfahnen. Zwischen den Filamenten und den Muskelfahnen entstehen im Entoderm die Geschlechtszellen (Gonaden).

5. Wie sind die ektodermalen Epithelzellen von Hydra gebaut und welche Aufgaben haben sie?
Die Basis der Ektodermzellen ist in der Längsrichtung ausgezogen; in diesem, der Stützlamelle anliegenden Fortsatz, verlaufen die kontraktilen Fibrillen. Durch Kontraktion dieser Muskelzellen kann sich Hydra in der Körperlänge verkürzen. Diese Zellen schützen das Tier aber auch gegen das umliegende Medium (--> Epithel). Ihrer Doppelfunktion entsprechend bezeichnet man Zellen dieser Art dann auch als Epithelmuskelzellen.

6. Was wird bei den Hydromedusen als Velum bezeichnet und welche Bedeutung hat diese Struktur?
Das Velum ist ein vom Schirmrand nach innen vorspringender, ektodermaler Saum, in den die Mesogloea (Stützlamelle) eintritt. Er dient zusammen mit der Subumbrella als Bewegungsorgan und hat wie diese eine gut ausgebildete Muskulatur wird das Wasser aus der Glockenhöhle bei gleichzeitiger Verengung der zentralen Öffnung des Velums ausgestoßen. Durch den Rückstoß schwimmt die Meduse mit der Exumbrella voran.

7. Ist das Merkmal "Vorkommen von Rhopalien" eine Autapomorphie der Scyphozoa? Begründen Sie ihre Aussage!
Dieses Merkmal ist tatsächlich eine Autapomorphie der Scyphozoa. Rhopalien sind spezielle, "kombinierte" Sinnesorgane. Pigmentbecheraugen dienen dem Sehsinn und Statocysten dem Schweresinn. Diese Kombination gibt es nur bei Scyphomedusen. Die Hydromedusen haben entweder nur Augen (Ocellen; bei Antomedusen) oder Statocysten (bei Leptomedusen) und die Anthozoa bilden erst gar keine Medusen aus.

8. Charakterisieren Sie kurz die zwei Arten auf die sich ein Scyphopolyp vegetativ vermehren kann!
a) die in Frage 2 schon besprochene terminale Knospung; es entstehen Medusen
b) an der Rumpfwand der Polypen oder auch an kurzen Stolonen (Ausläufern) können Tochterpolypen ausknospen, die sich immer bald ablösen; es entstehen Polypen.

9. Welche Reaktionen kann man bei einer Seerose (z.B.: Diadumene) sehen, wenn sie von einem Feind (z.B. Krebs) attackiert wird?
Die Tentakel und das Capitulum (Köpfchen) werden rasch, durch Kontraktion von Längsmuskeln, in den Scapus eingezogen (Retraktion) und mit dem starken Ringmuskel am oberen Ende des Mauerblattes die (Einstülp-) Öffnung verschlossen. Dann werden Akontien (mit Nesselzellen besetzte Fäden), die am freien Ende der Mesenterialfilamente sitzen, entweder durch den Mund oder durch seitliche, das Mauerblatt durchsetzende Poren nach außen geschleudert. Die Nesselzellen explodieren und geben ihr Gift ab -sie können es aber auch nur versprühen.

10. Was ist und welche Funktion hat ein sogenanntes Mesenterialfilament?
Mesenterialfilamente sind die freien Enden der Septen (Mesenterien) im Gastrovaskularraum der Anthozoa. An ihnen sitzen die Akontien (mit Nesselkapseln dicht besetzte Fäden), außerdem tragen sie Resorptions- und Drüsenzellen zur Nahrungsverdauung und -resorption.

11. Geben Sie an, aus welchen Schichten die Rumpfwand einer Hydra besteht und welche Zellformen in ihnen vorkommen!
In der äußersten Schicht, dem Ektoderm (auch Epidermis), sitzen Epithelmuskelzellen, Nerven- und Sinneszellen, Geschlechtszellen, I-Zellen und Nematocyten. Darauf folgt als Mittelschicht und Stützlamelle die zellfreie Mesogloea. Im Innern ist Hydra von einem aus Nährzellen (besser: Nährmuskelzellen) und Drüsenzellen bestehenden Entoderm (auch Gastrodermis) ausgekleidet.

12. Hydra wird an einer Stelle der Rumpfwand stärker gereizt; legen sie kurz dar, welche Reaktion eintritt und welche Vorgänge und Zellen an deren Auslösung beteiligt sind!
Der Rumpf wird in der Länge kontrahiert; Sinneszellen werden durch den Reiz erregt und ihre Erregung auf Nervenzellen übertragen. Durch das Nervennetz wird sie an die basalen Fortsätze von Epithelmuskelzellen übertragen. Da diese kontraktil (enthalten Myofibrillen) und längs ausgerichtet sind, wird der Rumpf verkürzt.

13. Welche Merkmale charakterisieren Antho- und Leptomedusen?
Anthomedusen sind hochglockig, besitzen häufig Augen und bilden ektodermale Gonaden am Manubrium. Leptomedusen haben einen flachen Schirm, bilden Statocysten als Sinnesorgane und ektodermale Gonaden an den Radiärkanälen.

14. Charakterisiern Sie die Unterschiede von Tropho- und Gonozoiden von Hydropolypen (z.B. von Laomeda geniculata)!
Trophozoite besitzen Tentakel für den Beutefang und dienen der Ernährung des Tierstocks; die Fähigkeit zur Medusenbildung ist rückgebildet. Gonozoide sind tentakellose Zoide, die keine Beute fangen können. Sie sind spezialisiert auf die Bildung von Medusenknospen.

15. Welche Argumente könnten für die Annahme sprechen, daß die Meduse ein modifizierter Polyp ist?
Die Exumbrella der Meduse entspricht der Körperwand und Fußscheibe des Polypen, die Subumbrella dem Peristom und der Magenstiel dem - zwar nicht bei allen, jedoch bei vielen Polypen ausgebildeten - Hypostom. Die Längsachse des Polypen verkürzte sich, während sich der der Körperdurchmesser vergrößerte. Die wichtigste Abwandlung liegt aber darin, daß die einfache, als Stützlamelle ausgebildete Mesogloea des Polypen zu einer mächtigen, bei Hydrozoen zellfreien, aber von Fibrillen durchzogenen Gallertschicht wurde. Zwischen den Radialkanälen ist das Entoderm zu einer Lamelle, der einschichtigen Entodermlamelle (Subumbrellaplatte) geworden.

16. Welchen Vorteil bringt die Medusengeneration?
Die Meduse zeichnet sich durch ihre pelagische Lebensweise aus; sie kann frei im Wasser herumschwimmen. Dies ermöglicht es ihr einerseits große und weit auseinanderliegende Areale zu besiedeln und ein großes Nahrungsangebot wahrzunehmen, andereseits ist es für die Meduse (die geschlechtliche Polypen hervorbringt) ein eindeutiger Selektionsvorteil, wenn sich deren Erbgut ständig mit dem populationsfremder aber artgleicher Individuen durchmischt (hohe genetische Variabilität durch Rekombination der Erbanlagen bei bisexueller Fortpflanzung).

17. Woraus besteht das Gastrovaskularsystem und welche Aufgaben hat es zu erfüllen?
Die Coelenteraten (=Hohltiere) heißen so, weil deren (dreischichtige) Körperwand einen zentralen Hohlraum umschließt, den Gastrovaskularraum. Wie sein Name besagt, erfüllt dieser eine Doppelfunktion:
Er ist einerseits Ort der extrazellulären Verdauung (Gastro- ; Gaster = Magen), übernimmt aber andererseits auch die Rolle eines Verteilungssystems von Nährstoffen und Abbauprodukten (-vaskular ; vascularis = Blutgefäße betreffend; in etwa vergleichbar mit dmm Blutgefäßsystem höherer Metazoen): mit einer einzigen Mund-After-Öffnung steht das Gastrovaskularsystem mit der Außenwelt in Verbindung.

18. Wie orientiert sich die Meduse?
Medusen können ihre relative Lage im Wasser durch ein Gleichgewichtssinnesorgan (Statocyste) bestimmen. Das sind in sich geschlossene, auf mechanische Reize reagierende Sinnesorgane, aufgebaut aus einem flüssigkeitsgefüllten kugeligen Bläschen, welches einen Statolithen enthält. Optisch orientiert sich die Meduse durch einfache (Linsen-) Augen. Bei den Scyphomedusen finden wir sogenannte Rhopalien, die aus einer Statocyste, aus einem Flach- und einem inversen Becherauge sowie einer chemorezeptiven Sinnesgrube bestehen.

19. Wie vermehrt sich Hydra?
Die Fortpflanzung von Hydra ist eine geschlechtliche und eine ungeschlechtliche. Bei der vegetativen Fortpflanzung kommt es an der Grenze von Stiel und Rumpf zur Ausbildung einer oder mehrerer Knospen und bald löst sich ein junger Polyp ab. Bei der geschlechtlichen Fortpflanzung entsteht der Polyp aus dem Verschmelzungsprodukt eines Spermiums und einer Eizelle, also aus einer Zygote. Hier ist entscheident, daß die Gonaden am Mutterpolypen gebildet werden; die Zygote ist also nicht medusoiden Ursprungs! Die Meduse wird hier glatt übertragen. Der Polyp repräsentiert hier also die geschlechtliche und die ungeschlechtliche Generation.

20. Erklären Sie folgende Begriffe aus der Anthozoenanatomie: a) Mesenterien, b) Mesenterialfilamente, c) Akontien, d) Siphonoglyphe.
a) siehe Antwort zu Frage 4
b) siehe Antwort zu Frage 10
c) Akontien (griech.: to akontion = der Wurfspieß) sind mit Nesselkapseln dicht besetze Fäden, die am freien Ende der Mesenterien, also der Mesenterialfilamente, sitzen. Sie können bei Bedarf durch den Mund oder seitliche Poren zur Feindabwehr ausgestoßen werden.
d) Die Zellen der Flimmerrinne (=Siphonoglyphe), die an der Innenseite des Schlundrohres sitzen, haben Geißeln, die Wasser und somit Sauerstoff in die Gastrovaskularhöhle treiben.

21. Stellen Sie tabellarisch die Unterschiede von Scyphozoa, Anthozoa und Hydrozoa dar!
 
  Hydrozoa Scyphozoa Anthozoa
Generationswechsel: meistens, 

Polyp und Meduse

meistens,

Polyp und Meduse

nie,

nur Polyp

Mesogloea: ohne Zellen mit Zellen mit Zellen
Entstehung der Medusen: laterale Knospung eines Polypenstöckchens (stets ungeschlechtlich) terminale Knospung (aus Mundscheibe abgeschnürt à Strobilation) gibt´s keine
Kolonienbildung: oft selten häufig
Verhältnis Polyp / Meduse: kleine Polypen, 

kleine Medusen

kleine Polypen,

große Polypen

nur Polypen
Sinnesorgane: Medusen mit Statocysten und Ocellen Rhopalien keine
Gastralraum: einheitlich,

ungegliedert und ohne Septalmuskeln

Polyp: 4 entodermale, drüsenreiche Septen, die in den Gastralraum vorsprin-gen (à 4 Gastraltaschen) Aufteilung in Zentralraum und Radialkammern durch Mesenterien, die z.T. am zentralen Mundrohr inserieren
Besonderheiten 1. mit Velum

2. ringförmige Konzentration des Nervensystems am Schirmrand

8 paarige Ausbuchtungen (Randlappen) 1. Schlundrohr

2. durch Muskelfahnen an Mesenterien und durch spaltförmigen Mund --> bilateralsymmetrisch

3. Akontien

4. Außen- oder Innenskelett

22. Gibt es bilateralsymmetrische Cnidarier, wenn ja, woran wird dies deutlich?
Die Anthozoa sind bilateralsymmetrisch. Die spaltförmige Mundöffnung, die Anordnung der Muskelfahnen an den Septen und das oval- bis spaltförmige Schlundrohr verleihen dem Tier eine bilaterale Symmetrie.

23. Charakterisieren Sie kurz die Metagenese koloniebildender Hydrozoa.
Metagenese nennt man das regelmäßige Aufeinanderfolgen von bisexueller und asexueller Fortpflanzung. Aus dem Primärpolypen entsteht durch Sprossung eine Polypenkolonie. Wiederum durch Sprossung werden am Stock sessile Gonophoren (getrenntgeschlechtlich) ausgebildet oder es entstehen durch laterale Knospung Medusen. Die hier gebildeten Geschlechtszellen können miteinander zur Zygote verschmelzen, welche über das Stadium der Coeloblastula und durch uni- und multipolare Immigration von Zellen zur Planula-Larve heranwächst. Über einen Metamorphoseprozeß entstehen aus diesen Larven wieder (Primär-)Polypen.

24. Sind Nervenzellen bei den Cnidaria schon auf einem höheren Niveau organisiert? Wenn ja, wo und wie? Nennen Sie ein Beispiel!
Ein Nervensystem wie wir es kennen oder gar ein Gehirn gibt es bei den Cnidariern noch nicht; wohl aber sind bei einigen Vertretern dieses Stammes Nervenzellen schon zu funktionellen Einheiten zusammengelagert.
Nervenzellen selbst liegen als uni- oder multipolare Neurone an der Basis von Ekto- und Entodermis vor, wo sie sowohl mit Sinnes- als auch Epithelmuskelzellen in Kontakt treten. Bei Polypen bilden sie ein einheitliches diffuses Nervensystem (!), bei einigen Medusen können sie jedoch schon zu getrennten, anatomisch und funktionell verschieden differenzierten Nervennetzen (Plexus) zusamentreten. Die Ohrenqualle Aurelia besitzt einen ektodermalen Nervenplexus aus multipolaren Neuronen, die mit Sinneszellen an der Oberfläche in Verbindung stehen und die Bewegung der Nahrungsaufnahme kontrollieren. Unabhängig davon arbeitet ein zweiter Nervenplexus, dessen bipolare Neurone der Ring- und Radiärmuskulatur aufliegen und schnelle Schwimmbewegungen steuern.