Cniden [von *cnid-, cnido- (griech. knidē = Brennessel, Nesseltier), in Zusammensetzungen: Nessel-], auch Nesselkapseln oder Nematocysten genannt, sind charakteristische Strukturen, die zum Bauplan der Nesseltiere (Cnidaria) gehören. Sie dienen der Abwehr von Feinden und der Überwältigung von Beute. Man kann sie als eines der kompliziertesten Sekretionsprodukte im ganzen Tierreich bezeichnen. Sie sitzen oft zu Tausenden in der Epidermis von Quallen und Polypen, besonders an den Tentakeln. Ihre Bildung erfolgt aus sog. I-Zellen (interstitielle Zellen), die embryonalen Charakter haben. Diese I-Zellen differenzieren sich u. a. zu den Nesselkapselbildungszellen (Cnidoblasten), in denen die Cniden entstehen. Nach deren Bildung bleiben sie in der Zelle liegen, die jetzt Nematocyte (Cnidocyte) genannt wird. Die Nematocyten sind teilweise zu mehreren von einer Epithelmuskelzelle umhüllt. Beide sind über Fibrillensysteme mit der Basalmembran verbunden. Aus den Epithelzellen ragt pro Nematocyte ein Fortsatz (Cnidocil) heraus, der aus einer starren, langen Cilie und Kränzen von kurzen Stereocilien (Mikrovilli) besteht. Dieser Apparat ist für die Auslösung der Nesselkapselexplosion zuständig. Die Cnide selbst besteht aus einer starken äußeren und einer zarten inneren Wand. Erstere bildet einen absprengbaren Deckel, letztere ist als teilweise aufgerollter Schlauch ins Innere der Kapsel eingestülpt. Die Explosion der Kapsel wird mechanisch und/oder chemisch ausgelöst (Entladungszeit 3–6 Millisekunden. Man kann ca. 50–60 verschiedene Kapseltypen unterscheiden. Nach der Funktion beim Beutefang unterscheidet man traditionellerweise Durchschlagskapseln (Penetranten) mit Stiletten, Wickelkapseln (Volventen) mit langen Fäden und Haftkapseln (Glutinanten) mit Klebsekret. Besonders die Schläuche der Penetranten enthalten oft lähmende Gifte, die durch Poren austreten.





Cnide im Epidermisverband (nach einer elektronenmikroskopischen Vorlage)



Entladungsvorgang einer Cnide (Breite der Nesselkapsel: ca. 1/100 mm). a durch Stimulation des Cnidocils (Sinneshärchen) steigt der Innendruck der Nesselkapsel an; b bereits nach ca. 10 μs springt das Operculum (Kapseldeckelchen) auf, und der Schaft des Nesselschlauchs wird mit schnellen Drehbewegungen ausgeschleudert (die Beschleunigung beträgt bis zum 40 000fachen der Erdbeschleunigung g; g = 9,81 m/s2); die Spitze der aneinandergelegten Stilettdornen durchschlägt selbst die Oberfläche von "gepanzerten" Beutetieren, wie Krebsen; c anschließend werden die Dornen zurückgebogen und gewährleisten zusammen mit den Schaftdornen die sichere Verankerung der Kapsel auf der Oberfläche; d der übrige Nesselschlauch dringt tiefer ein und gibt kontinuierlich Toxine ab; e schließlich wird die Kapsel gelöst, und die Zelle degeneriert.