Amöbenruhr   




Was ist Amöbenruhr?

Amöben sind einzellige Lebewesen. Eine besondere Spezies, die so genannte Entamoeba histolytica kann eine Durchfallerkrankung, die Amöbenruhr, auslösen. Der Parasit kommt vor allem in den Tropen und Subtropen vor, wo jährlich rund 50 Millionen Menschen erkranken. Reisende schleppen die Amöbenruhr in ihre Heimatländer ein.

Amöben entwickeln sich in zwei Stadien: Als Zysten können sie in der Außenwelt monatelang überleben und ansteckend sein. Infizierte scheiden diese Zysten mit dem Stuhl aus. Im darauffolgenden Stadium bilden sich im menschlichen Dickdarm aus den Zysten so genannte Trophozoiten (Minutaform), die die roten Blutkörperchen befallen und dann als Magnaform bezeichnet werden.

Eine gefürchtete Komplikation der Amöbenruhr sind Amöbenabszesse in der Leber. Diese eitrigen abgekapselten Entzündungen können noch Monate bis Jahre nach der Infektion auftreten und Beschwerden verursachen.



Wie bekommt man Amöbenruhr?

Die Ansteckung erfolgt auf fäkal-oralem Wege. Dies bedeutet, dass die Zysten der Amöben aus dem Stuhl einer erkrankten Person direkt oder indirekt über verunreinigte Nahrung oder Trinkwasser von anderen Menschen aufgenommen und so übertragen werden. Infiziertes Küchenpersonal, Gastronomen und Lebensmittelhändler können durch schmutzige Hände ihre Gäste und Kunden anstecken.





Welche Beschwerden verursacht die Amöbenruhr?

Ein bis vier Wochen nach der Ansteckung äußert sich die Amöbenruhr mit "Himbeergelee-artigen" Durchfällen. Die Stühle sind breiig, schleimig und blutig und von starken Bauchschmerzen und Krämpfen begleitet. Die Amöben verursachen geschwürige Entzündungen der Schleimhaut des Dickdarms. Sie können heftig sein und dann nach entsprechender Therapie vorübergehen und ausheilen (akuter Verlauf), oder andernfalls noch lange Zeit immer wieder in Schüben auftreten (chronischer Verlauf).

Leberabszesse machen sich durch ein Druckgefühl und gelegentlich auch durch Schmerzen im rechten Oberbauch bemerkbar. Sie können sich noch Monate bis Jahre nach der Ansteckung bilden. Reißen diese eitrigen Abkapselungen ein und entleeren sich in die Bauchhöhle, kann dies für den Betroffenen lebensbedrohliche Folgen haben.



Wie wird die Erkrankung festgestellt?

Jede anhaltende Durchfallerkrankung nach einer Reise in Länder, in denen die Erkrankung häufig vorkommt, ist verdächtig auf eine Amöbenruhr. Nach einer gründlichen körperlichen Untersuchung muss der Patient eine Stuhlprobe abgeben, zwei weitere in den darauffolgenden zwei Tagen. Die Zysten und die Trophozoiten werden unter dem Mikroskop nachgewiesen, aber nur die Magnaform beweist die Erkrankung. Zwischen der Stuhlentnahme und der Untersuchung dürfen nicht mehr als zehn Minuten vergehen, da die Trophozoiten sehr empfindlich sind und an der Luft schnell absterben.

Der Arzt entnimmt außerdem eine Blutprobe, in der die Entzündungswerte sowie die einzelnen Spezies der Amöben bestimmt werden können. Gelegentlich ist auch eine Darmspiegelung sinnvoll, um die geschwürigen Veränderungen im Dickdarm (Ulzerationen) zu untersuchen.

Ein oder mehrere Amöbenabszesse in der Leber sind im Ultraschall (Sonografie) oder auf Schichtbildaufnahmen in der Computertomografie oder Kernspintomografie erkennbar.





Wie wird die Amöbenruhr behandelt?

Die Amöben werden mit so genannten Amöbiziden, also Amöben abtötenden Medikamenten, bekämpft. Diese Mittel werden zum einen über die Vene oder als Tabletten, zum anderen als so genannte Kontaktamöbizide verabreicht, wo sie im Darm selbst wirken und auch die Zysten abtöten können.

Ein sehr gut wirkendes und verträgliches Amöbizid ist das aus der Gruppe der Nitroimidazole stammende Metronidazol. Die Behandlung dauert zehn Tage. Sie verursacht gelegentlich unerwünschte allergische Hautreaktionen, einen bitteren Geschmack im Mund, Magen-Darm-Beschwerden, Schwindel und Kopfschmerzen. Die Nebenwirkungen werden durch Alkoholgenuss verstärkt. Schwangere und stillende Frauen dürfen Nitroimidazole nicht einnehmen.



Wie kann man sich vor einer Infektion schützen?

Es gibt keine Impfung, die vor Amöbenruhr schützt.

Deshalb ist es umso wichtiger, bei Reisen in tropische Länder mit schlechten Hygienebedingungen - auch zum Schutz vor anderen Reisekrankheiten wie Reisedurchfall - folgende Hygieneregeln zu beachten:

  • Vor und nach dem Essen immer die Hände waschen.
  • Immer auf die Qualität des Essens und Trinkens achten.
  • Leitungswasser stets abkochen.
  • Nur gut gekochte Speisen oder Dosennahrung essen.
  • Nur Obst essen, das man selbst schälen kann.
  • Auf Eis, Eiswürfel und rohen Salat verzichten.




Impressum

Erstellungsdatum: Oktober 2002

Autor: Dr. med. Martina Waitz

Letzte Aktualisierung: September 2003

Durch: Dr. med. Martina Waitz



Literatur/Leitlinien

Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag (2003).

Kretschmer/Kusch/Scherbaum: Reisemedizin. Urban & Fischer (1999).

Lang: Tropenmedizin in Klinik und Praxis. Thieme (2000).

Leitlinie der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF)

Deutsche Gesellschaft für Tropenmedizin und Internationale Gesundheit (DTG): Diagnostik und Therapie der Amöbenruhr. AWMF-Leitlinienregister Nr. 042/002 (Oktober 2000).